Kirchenbau mit Stein­fassade

Die Katholische Propsteikirche St. Trinitatis in Leipzig ist der größte Kirchenneubau in den ostdeutschen Bundesländern seit der Wiedervereinigung. Die Fassade besteht aus Rochlitzer Porphyr. Dieser stark saugende Stein und die Gestaltungsdetails der Fassade stellten besondere Anforderungen an die Mörtel. 

Leipzig zeichnet richtungswei­sende Projekte für die Stadt­entwicklung mit einem Architekturpreis aus. Das Augenmerk liegt dabei auf zeitgenössischen Lösungen. Einer der beiden Preisträger 2015 war die Propsteikirche St. Trinitatis. Aus Sicht der Jury stellt sie einen großen Gewinn für die Situation zwischen dem 1905 fertig­gestellten Neuen Rathaus und dem fast brachliegenden Wilhelm-Leuschner-Platz dar. Als kraftvolle Skulptur fülle die Kirche die bisherige Leere. Die Jury würdigte auch das ressourcen­schonende Kon­zept des Bauwerks. Als besonders gelungen sieht sie die Einbindung der Solar­technik in das flache Kirchendach und die südliche Kirchturmwand. Auch die zu erwartende hohe Lebensdauer der Natursteinfassade im Verbund mit einer Schaumglas-Dämmung ist für die Jury ein Pluspunkt in Sachen Nachhaltigkeit. Die rötliche Fassade aus Rochlitzer Porphyr gehört zu den prägendsten Merkmalen des neuen Sakralbaus. Der Stein und die Ausgestaltung der Fassade erforderten spezielle Mauer- und Fugen­mörtel.  

 

 

Kirche mit klarer Kante

 

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg hatte es in der Innenstadt eine katholische Kirche gegeben; sie wurde im Krieg aber vollstän­dig zerstört. Erst 1982 erhielt die Gemeinde ein neues Gebäude außerhalb des Zent­rums, das jedoch schon nach wenigen Jahren erhebliche Baumängel aufwies, weshalb sich die Gemeinde gegen eine Sanierung entschied. Als ihr die Stadt eine brachliegende Fläche im Zentrum anbot, beschloss die katholische Kirchenge­meinde den Bau eines neuen Gotteshau­ses. Den Zuschlag für die Planung erhielt das Leipziger Büro Schulz und Schulz Architekten. 

Ziel war es, die neue Props­teikirche aus der umgebenden Stadt heraus zu entwickeln. Das Bauwerk ist als gleichschenkliges Dreieck ausgeführt, das entlang des Martin-Luther-Rings eine deutliche Kante ausbildet. Gleichzeitig for­men die Silhouetten von Kirche und Neuem Rathaus auf den gegenüberliegen­den Seiten des vielbefahrenen Rings fast eine Art Tor. Ein 50 m hoher Turm an der spitzen Westecke der Propsteikirche stellt ein Gegengewicht zur Gebäudefront des Neuen Rathauses dar. Eine weitere Ver­bindung zur Innenstadt schafft ein breiter Durchgang im Erdgeschoss des Kirchen­gebäudes. Durch große Öffnungen ist ein geschützter, innenliegender Pfarrhof von den zwei langen Seiten des Gebäudes zugänglich. Der Freiraum teilt die Kirche in zwei große Blöcke auf, die im Erdge­schoss durch den Pfarrhof und die Durch­gänge voneinander getrennt, aber im Obergeschoss miteinander verbunden sind.

Der eigentliche Kirchenraum ist breiter als er tief ist. So wird die ganze Gemeinde näher am Altar platziert, als in traditionell geformten Kirchen. Natürliches Licht fällt durch ein 40 m langes Oberlicht an der Altarseite und durch ein transparentes Kreuz auf der gegenüberliegenden Seite, dass in die Naturstein­fassade eingeschnit­ten ist. Rings um den Hof gruppieren sich ein Gemeindesaal, Kinder-, Jugend­ und Unterrichts­räume sowie Dienst­wohnungen. Durch die Ausmaße von Kirch­engebäude und Kirchturm und die Offen­heit des Pfarrhofs, entwickelt St. Trinitatis eine starke Präsenz im Stadtraum. Ver­stärkt wird diese durch die massive Natur­steinfassade, die den Kirchenbau optisch aus dem Boden herauswachsen lässt.  

Natursteinfassade aus Porphyr 

 

Mit ihrer Materialwahl bekennen sich die Architekten in ihrem zeitgemäßen Ansatz zu Region und Tradition. Rochlitzer Porphyr ist ein vorwiegend rötlicher Porphyr-Tuff, der je nach Lichtein­fall ein braun-gelbes bis hin zu einem violetten Farbspiel aufweisen kann. Er reiht sich in die örtliche Bautradition ein: Die Arkaden des Alten Rathauses bestehen aus dem gleichen Material.

Für die Wände der Propsteikirche wurde der Stein horizontal in unter­schiedlich hohen Lagen geschichtet und als wilder Verband ausgeführt. Die einzelnen Stein­lagen treten verschieden weit aus der Fas­sade hervor, sodass die durch­laufenden Fugen kleine Vorsprünge ausbilden. Eine weitere Besonderheit sind die Dehnfugen im Mauerwerk, die mäandrierend ange­legt wurden, um zu verhindern, dass die Steine zur Ausbildung der Dehn­fugen gebrochen werden mussten.  

Vorsatzschale aus Porphyr

 

Die Fassadenfläche der Kirche beträgt insgesamt circa 4.750 m2, davon entfallen rund 3.750 m2 auf das Hauptgebäude, das in Teilen bis zu einer Höhe von 22 m aufragt. Weitere 1.000 m2 nimmt die Fassade des 50 m hohen Turms ein.

Der Naturstein ist als Vorsatzschale ausgeführt. Grundlage der Wandkon­struktion ist ein Betonbau, auf dem eine Wärme­dämmung aus Schaumglas aufgebracht ist. Auf einer Stahlkonsole sind dann die Porphyr-Steine mit einer 200 mm starken Luftschicht vor der Dämmung befestigt. Spezielle Edelstahl­rundanker für Natur­stein-Vorhangfassaden wurden in die Fugen eingearbeitet. Für die Höhe und die Breite der Steine gibt es jeweils ein festes Raster. Die Steine und damit auch die jeweiligen Steinlagen sind 7, 5, 16 oder 24,5 cm hoch. Unterschiedliche Brei­ten von 12, 14 und 16 cm sorgen dafür, dass sich die einzelnen Steinlagen durch  deutliche Vorsprünge voneinander absetzen. Bei der Suche nach einem Mörtel  qualifizierte sich der Mörtelhersteller tubag, eine Marke der quick-mix Gruppe, mit einem speziell für St. Trini­tatis angepassten Trass-Werksteinmörtel. Schon im Granitwerk wurden erste Vorversuche mit den Steinen gemacht. Porphyr ist ein Gestein, das sehr viel und schnell Wasser aufsaugt.  

Der über 20 m lange Schriftzug wurde schon im Steinbruch in die einzelnen Steine eingearbeitet.

Mörtelkonzept a la carte

 

Wäre der Mörtel nicht speziell und präzise auf dessen Eigenschaften eingestellt wor­den, hätte man riskiert, dass er »ver­brennt«: Dabei entziehen die Steine dem Mörtel einen Teil des für das Abbinden erforderlichen Wassers, sodass der Abbin­deprozess nicht vollständig ablaufen kann. Der erforderliche Verbund zwischen Stei­nen und Mörtel wäre dadurch nicht mehr gegeben gewesen. Gleichzeitig bringt ein zu schneller Wasserentzug das Problem mit, dass der Mörtel zu schnell ansteift. Die Zeit in der sich die Steine noch ver­schieben lassen, um die einzelnen Lagen sauber auszurichten, wird zu kurz.

Um das zu umgehen, entwickelte Tubag eine Sonderrezeptur des Trass-Werkstein­mörtels. Wasseraufnahme und Wasser­rückhaltevermögen wurden auf den Por­phyr angepasst. Die Basis-Rezeptur bildete der Tubag TWM-s Trass-Werksteinmörtel spezial, ein wasserabweisender Mörtel zum Vermauern, Verfugen und Verlegen von Natursteinen. Der mineralische Mörtel zeichnet sich durch eine hohe Klebekraft und Standfestigkeit aus und gehört zur Mörtelgruppe MlO (MG III) für hochfestes Mauerwerk. Der TWM-s wird mit Trass­zement als Bindemittelbasis gefertigt.

Der Trassanteil trägt dazu bei, das die Gefahr von Fleckenbildung und Ausblü­hungen bei Natursteinen gemindert wird, wobei der Porphyr nicht zu den verfär­bungsempfindlichen Steinen zählt, sodass diese oftmals wichtige Eigenschaft hier keine hervortretende Rolle spielte.

Da der Mörtel gleichzeitig für die Mauer­und die Fugarbeiten vorgesehen war, wurde er zudem farblich auf die Steine eingestellt. Und auch in einer weiteren Weise wurde die Mörtelrezeptur an das Objekt angepasst. Die kleinen Absätze zwischen den einzelnen Steinlagen kön­nen dazu führen, dass Wasser, Schnee oder Eis auf den Flächen stehen bleiben. So bestand besonders im Winter die Gefahr, dass Feuchtigkeit in die Fugen ein­dringt. Eis oder Schnee können tagsüber schmelzen und in die Fugen wandern, wo sie dann nachts wieder gefrieren und durch den Frost-Tau-Wechsel Schäden nach sich ziehen. Deshalb wurden die ohnehin schon hohe Dichte und das Wasser­abweise­vermögen, welche der Trass-Werksteinmörtels im abgebundenen Zustand erreicht, noch einmal gesteigert.

Die St. Trinitatiskirche wurde 2015 mit dem Architekturpreis der Stadt Leipzig ausgezeichnet. 

Sockel aus Granit  

 

Der Porphyr-Tuff ist zwar kein verfär­bungs­empfindliches Material, er ist allerdings nur bedingt tausalz­beständig. So entschieden sich die Architekten,

für den Sockel den widerstandsfähigeren Beuchacher Granit einzusetzen, ebenfalls ein Material aus der Region, das allerdings nicht so schnell Feuchtig­keit aufnimmt. Da sich die Arbeiten an der weitflächigen Natursteinfassade vom Herbst bis in den Frühling hinzogen, ergab sich aus den unterschiedlichen Temperaturbedingungen eine Heraus­forderung. Während der Mörtel bei den kalten Temperaturen zunächst länger offen war, verringerte sich die Abbinde­dauer mit Ende des Winters. Der Mörtel musste dabei zielgenau angepasst wer­den, um die Funktion und die einheitliche Optik der Fugen nicht zu gefährden. Vermauert wurden die Steine per Hand und in einem direkt darauffolgenden Arbeitsschritt wurden die Fugen mit einem Fugeisen frisch in frisch verfugt. Hierbei galt es, den Mauermörtel auf der Rückseite der Fassade bündig abzustreifen, um einen freien Lüftungsspalt hinter der Vorhangfassade zu gewährleisten. Dafür wurden Leisten als Auffangebene unterhalb des jeweiligen Arbeitsbereichs mitgeführt, um ein Hineinfallen des Mörtels in den Lüftungsspalt zwischen Dämmung und Porphyr-Fassade zu ver­hindern.

Die gegen den allgemeinen Trend anwachsende katholische Gemeinde in Leipzig, der ca. 4,5 % der Leipziger Bevölkerung angehören, hat in der Probsteikirche eine außergewöhnliche neue Heimat gefunden. Darüber hinaus hat die Stadt mit St. Trinitatis ein Bau­werk bekommen, das es schafft, gleich­zeitig einen zeitgemäßen und in der Region verwurzelten Eindruck zu vermit­teln. Das belegen inzwischen auch meh­rere Architekturpreise. Zuletzt zeichnete das »World Architecture Festival« die Kirche 2016 als »religiöses Gebäude des Jahres« aus. 

Das Projekt im Detail

Projektrahmen

Standort: Katholische Propsteikirche St. Trinitatis, Leipzig 
Bauzeitraum insgesamt: 2012 - 2015
Bauzeitraum Fassadenarbeiten: Herbst 2013 - Mai 2015 
Fassadenfläche: 4.750 m2 

Partner

Bauherr: Katholische Propsteipfarrei St. Trinitatis
Architekt: Schulz und Schulz Architekten GmbH, Leipzig,
http://schulz-und-schulz.com 
Ausführende Unternehmen: FX Rauch GmbH & Co. KG, Niederlassung Leipzig, 
http://fx-rauch.de 
Baustoffproduzent: Tubag Trass Vertrieb GmbH & Co. KG, Kruft,
www.tubag.de
Naturstein |  2017

Kirchenbau mit Steinfassade

Die Katholische Propsteikirche St. Trinitatis in Leipzig ist der größte Kirchenneubau in den ostdeutschen Bundesländern seit der Wiedervereinigung. 

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